Zielsetzungen des Faches

"Es ist nichts, was den geschulten Verstand mehr kultiviert und bildet, als Geographie. – Geographie ist die Mutter der Wissenschaften!"
(Immanuel Kant, 1724 -1804)

Auch wenn diese Thesen des preußischen Philosophen der Aufklärung sehr gewagt erscheinen mögen, liegt doch sehr viel Wahres in diesen Gedanken. Zu erinnern sei hier an die gegenwärtige Diskussion um die Auswirkungen des Klimawandels, wo viele unterschiedliche Wissenschaften zusammen arbeiten; der Geograph bemüht sich darum, diese Erkenntnisse in der Bedeutung für die Erde und den Menschen umzusetzen und zu konkretisieren.

Was ist die „Geographie“ aber im Besonderen?

Welche Inhalte bearbeiten und welche Ziele verfolgen Geographen?

Sicher wird das beliebte Spiel „Stadt-Land-Fluss“ diesem Fach nicht gerecht!

Der Begriff Geographie kommt aus dem Griechischen und bedeutet das „Beschreiben der Erde“. Es ist die Wissenschaft von der Erdoberfläche in ihrer räumlichen Komplexität, ihrer physischen Beschaffenheit und der Ort menschlichen Handelns und Wirkens.

Darin sind letztlich zwei grundlegende Aspekte enthalten: einmal ist der physische Ansatz – Naturgeographie – zu nennen, der sich um die Gestalt der Erdoberfläche, deren Entstehung und Veränderung bemüht und die Erde als ein dynamisches System sieht; daneben steht die Nutzbarmachung des entsprechenden Potentials durch den Menschen – Kulturgeographie – , wobei unser Planet durch die Eingriffe des Menschen nachhaltig beeinflusst und verändert wird.

Mag dies sehr theoretisch klingen, liegen aber gerade in diesen Ansätzen die Bedeutung und der Schwerpunkt für die Schule. Natürlich treffen all die grundsätzlichen Überlegungen zu, die schon für das Fach Geschichte vorweg genannt wurden; hier soll deshalb nur kurz darauf verwiesen werden. Wenn wir den dort genannten Grundgedanken ernst nehmen, die Schülerinnen und Schüler auf deren späteres Leben und deren kritisch-konstruktive Stellung in der Gesellschaft vorzubereiten, dann kommen wir um geographische Sachverhalte und Themen nicht herum, da menschliches Verhalten geographisches Wirken ist. In der Umkehrung sehen wir aber auch geographischen Grundlagen und Bedingungen für die Geschichte.

Um dies unseren Schülerinnen und Schülern bewusst zu machen, wird aufeinander aufbauend geographisches Denken im Unterricht beigebracht. Ohne dass dies eine starre Vorgehensweise ist, steht zu Beginn häufig die Auseinandersetzung mit der Natur; die Entstehung der Region, die Besonderheiten des Ökosystems und das Nutzungspotential werden erarbeitet und quantifiziert. Dabei wird schon sehr genau auf begrenzende Faktoren einer Inwertsetzung durch den Menschen geachtet, um dann in einem zweiten Schritt die konkrete Nutzung und damit verbunden nachhaltige Veränderungen infolgedessen zu erarbeiten und kennen zu lernen. Am konkreten Beispiel bestimmter Landschaftsformen wie beispielsweise der Alpen, aber auch Oasen oder Wüsten wird nach dem Prinzip von nah zu fern in die Thematik eingeführt.

Natürlich steht am Anfang unseres Bemühens die Vermittlung der Schönheit unserer Welt gepaart mit einem zunehmend engmaschigeren Netz topographischer Kenntnisse und erdkundlicher Zusammenhänge; dies ist unabdingbare Voraussetzung für geographische, vor allem kultur­geographischer Diskussionen. Dazu gehört auch die Herausbildung einer Ehrfurcht vor dieser Welt, die sich in dem Bemühen um ihre Erhaltung bei gleichzeitiger menschlicher Nutzung niederschlägt. Dass wir dabei von anderen Völkern, aus anderen Regionen lernen können, was auch im Umkehrschluss gilt, ist ein Leitgedanke unterrichtlicher Diskussion und legt uns – an sich zwingend – die Bereitschaft zur weltweiten Zusammenarbeit auf.

Daneben steht aber auch noch die für jeden von uns erfahrbare Relevanz unseres Handelns selbst. Jede menschliche wie auch politische Entscheidung auf kommunaler, regionaler und überregionaler Ebene hat an sich auch immer geographisch relevante Auswirkungen auf den Raum und auf uns selbst. Dieses zu erkennen und dann verantwortlich zu handeln, muss ein weiterer Kern unseres unterrichtlichen Wirkens vor allem auch für die Zukunft sein. Das Bewusstsein, dass der Mensch in seinem Handeln, dass ich durch meine Aktion den Raum und herrschende Verhältnisse verändere, somit nachhaltig in die Gegebenheiten eingreife, muss in unseren Kindern geweckt und als ein Entscheidungskriterium neben vielen anderen im Denken verankert werden. Dass damit Unterricht immer auch politisch wird und Pädagogen dann auch Stellung nehmen werden, liegt auf der Hand. Die informative politische Diskussion geht an der Schule nicht vorbei.

Nur wenn uns das gelingt, können wir darauf hoffen, unsere Erde nachhaltig zu nutzen, ohne diese zu zerstören! Denn ein Individuum ohne die Vorstellung von Raum und Wirkungszusammenhängen wird im sich globalisierenden Dorf mit den neuen Anforderungen an menschliches Handeln schnell an ökologische und ökonomische Grenzen stoßen.

„Ja, das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn –
aber abends zum Kino hast Du's nicht weit...
Tröste Dich, jedes Glück hat einen kleinen Stich.
Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten.
Dass einer alles hat: das ist selten.“
(Kurt Tucholsky, 1890 – 1935)

„Und er warf einen Blick (…) auf den Planeten des Geographen.
Er hatte noch nie einen so majestätischen Planeten gesehen.“
(Antoine de Saint-Exupéry: Der kleine Prinz)

Grosch Dieter
(Fachleitung Geographie)

Lehrplaninhalte

Klasse 5

Der Geographieunterricht in der Jahrgangsstufe 5 knüpft an den Heimat- und Sachunterricht der Grundschule an. Mit der Betrachtung des Planeten Erde gewinnen die Schüler eine erste Vorstellung von den Grundlagen des Lebens auf der Erde. An ausgewählten Räumen Deutschlands und insbesondere Bayerns lernen sie einfache Zusammenhänge zwischen Natur- und Kulturfaktoren kennen und erfassen Merkmale ländlicher und städtischer Räume. Dabei festigen sie ihr Orientierungsvermögen und ihre regionale Identität. Die in der Grundschule vermittelten Einstellungen zum verantwortungsbewussten Umgang mit der Natur im Sinne der Nachhaltigkeit werden ebenso vertieft wie die Bereitschaft zum interkulturellen Zusammenleben. Punktuelle Ausblicke auf andere Regionen der Welt fördern gleichermaßen das Verständnis der Schüler für globale Zusammenhänge und ihre Weltoffenheit.

Klasse 7

In der Jahrgangsstufe 7 befassen sich die Schüler ausgehend von ihrem Grundwissen über Bayern und Deutschland mit den vielfältigen naturgeographischen Merkmalen und Strukturen in Europa. Sie erkennen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Hinblick auf die wirtschaftliche Nutzung in verschiedenen europäischen Regionen und erfassen Notwendigkeit und Chancen einer europäischen Zusammenarbeit. Da die Themen breit gefächert sind, erarbeiten sich die Schüler exemplarisch Grundkenntnisse und verknüpfen diese miteinander, um sie auf ausgewählte Teilräume Europas übertragen zu können. Grundsätzlich ist die Zahl der Beispiele auf eines zu begrenzen. Hierzu erarbeiten die Schüler über das Schuljahr hinweg im Sinne einer themenorientierten Länderkunde selbstständig Portraits verschiedener europäischer Länder.

Klasse 8

Ausgehend vom Modell der Klima- und Vegetationszonen gewinnen die Schüler einen Einblick in die elementaren naturgeographischen Gegebenheiten von Großräumen der Tropen und ariden Subtropen. Die Jugendlichen lernen die Raumwirksamkeit kultureller, wirtschaftlicher und politischer Bedingungen ausgewählter Entwicklungsländer kennen. Zudem setzen sie sich mit den Grenzen wirtschaftlicher Nutzung, Entwicklungsproblemen und Entwicklungsmöglichkeiten in diesen Räumen auseinander. Zusammenfassend erhalten sie einen Überblick über die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Europa und den Entwicklungsländern und erwerben die Einsicht in die Notwendigkeit von Entwicklungszusammenarbeit.

Klasse 10

In der Jahrgangsstufe 10 befassen sich die Schüler mit Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Entwicklungswegen ausgewählter Schwellen- und Industrieländer. Aus der asiatisch-pazifischen Perspektive lernen sie Staaten mit großen Unterschieden wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedingungen kennen. Beispielhaft erfahren sie das Zusammenspiel der Faktoren Naturraum, Wirtschaft, Politik und Kultur und gewinnen Einsicht in weltwirtschaftliche Zusammenhänge. Aktuelle Entwicklungen in diesen Ländern sowie Rückwirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland werden hierbei angemessen berücksichtigt.

Klasse 11

Während bislang geographische Themen in progressiver Weise auf immer neue Großräume projiziert wurden und sich bei den Schülern ein Gesamtbild unseres Planeten aufbauen konnte, werden in der Jahrgangsstufe 11 die erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten an ausgewählten Themenbereichen vertieft. Im Mittelpunkt steht die Untersuchung unserer globalen Lebensgrundlagen, deren Gefährdung durch die anthropogene Nutzung und die vielfältigen Veränderungen natürlicher Ökosysteme. Entsprechend setzen sich die Schüler mit der begrenzten Verfügbarkeit ausgewählter Ressourcen und dem verantwortungsvollen Umgang mit ihnen auseinander. Sie erkennen, wie sich Naturrisiken erst durch menschliches Verhalten zu Umweltkatastrophen entwickeln können, und untersuchen eine Folgeerscheinung des globalen Klimawandels.

Klasse 12

In der Jahrgangsstufe 12 rücken kulturgeographische Themenbereiche in den Vordergrund. Die differenzierte Analyse der Entwicklungsbedingungen und die Vielfalt unterschiedlicher Entwicklungsprozesse machen deutlich, dass sich Staaten mit unterschiedlichem Entwicklungsstand zunehmend miteinander verflechten. Den Schülern wird bewusst, dass eine gesicherte Zukunft nur auf der Basis eines gemeinsamen Handelns in der Einen Welt zu erreichen sein wird. Sie lernen unterschiedliche Strategien und Maßnahmen zur Förderung dieser Entwicklung in verschiedenen Staaten kennen und bewerten diese vor dem Hintergrund einer zunehmenden Globalisierung. Durch den Vergleich ausgewählter Raumbeispiele aus unterschiedlich entwickelten Ländern vertiefen die Schüler jeweils die in den Themenbereichen 12.1.1 bis 12.1.3 gewonnenen Erkenntnisse. Vor diesem Hintergrund analysieren sie anhand aktueller Materialien raumprägende Prozesse in Deutschland und erweitern ihre zuvor gewonnenen Erkenntnisse im Heimatraum.